Die Produktion in Wort und Bild
Angefangen hat alles im Jahr 2008 mit dem Foto eines Freundes: Eine verlassene Kirche mitten in der Wüste. Beim Anblick des Abzugs entstehen sofort weitere Bilder in meinem Kopf und ich sage zu ihm, dort müssen wir einen Film drehen.
Zwei Jahre später, im Oktober 2010, stieß ich bei der Recherche zu meinem theoretischen Teil der Diplomarbeit auf einen Band mit Kurzgeschichten, empfohlen vom britischen Regisseur Alfred Hitchcock. Die Kurzgeschichte »Natürliche Auslese« von Gilbert Thomas rief dabei die gleichen Bilder in meinem Kopf hervor, wie ich sie damals beim Anblick des Fotos vor Augen hatte. Alles dreht sich um zwei Freunde, die in der Wüste mit dem Auto stecken bleiben. Weil keine Hilfe kommt, beschließen sie, den Weg zu Fuß zurückzugehen.
Inhaltlich fasziniert mich bei dieser Geschichte die extreme Entwicklung der Charaktere: Drei Tage ohne Wasser und »Norbert« ist am Ende. In der Realzeit des Kurzfilms kommt dieser Punkt bereits nach zehn Minuten. Als Filmemacher liegt mein Anspruch darin, durch den gezielten Einsatz filmischer Mittel, die Zeit so zu kontrollieren, dass die Geschichte den Betrachter an die Leinwand fesselt. Dafür fließen in diesem Fall sowohl klassische als auch experimentelle Herangehensweisen in die Filmentwicklung ein.
Die Adaption der literarischen Vorlage
In unzähligen Besprechungen mit dem Team der Rosenpictures richtet sich unser Fokus auf die Sprache der Bilder. Sie sind der Hauptinformationsträger im Film. Daher besteht das Drehbuch größtenteils aus reinen Handlungsweisungen und wenigen Dialogtexten. Detaillierte Situationsbeschreibungen vermitteln die Atmosphäre des Films.
Um die Geschichte auch aus filmischer Sicht spannend zu gestalten, geht es für uns primär um den Einsatz von dramaturgischen Elementen. Ein Beispiel dazu: Nach tagelangem Fußmarsch gelangen die zwei Freunde mit letzten Kräften an ein verlassenes Haus. Norbert sackt zusammen und Frank erkundet den Ort. Dabei findet er ein altes Auto.
An dieser Stelle trennen wir die beiden Protagonisten: Der Zuschauer folgt der Figur »Frank« und sieht, wie er das alte Auto auf seine Fahrtüchtigkeit prüft. Wir schneiden zurück auf »Norbert«, der von all dem nichts mit bekommen hat. In diesem Moment weiß der Zuschauer mehr als »Norbert« und würde ihm gerne sagen, geh doch hinters Haus – dort besteht noch Hoffnung. Das macht die Szene viel spannender, als wenn beide zusammen das Auto entdeckt hätten.
Der Filmtitel
Die Entwicklung des Drehbuchs läuft zunächst unter dem Arbeitstitel »Selektion«. Während unseres Aufenthaltes in Tunesien fällt uns das Label einer Mineralwasserflasche ins Auge: Das arabische Wort »Hayet« für »Leben« liest sich von links nach rechts wie »Öl«. Wir entscheiden uns, den Film »Hayet« zu nennen, und bauen die Wasserflasche in der letzten Szene ein: Frank verlässt die Tankstelle mit einer Flasche Hayet in der Hand.
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